Geschichten aus dem Schulalltag

Zu Besuch im Unterricht

Es ist der 6. Juli. Ich freue mich auf diese Mathestunde in der 9d, denn in die Erarbeitung des Unterrichtsinhalts „Kreisteile“ habe ich schon in der Vergangenheit viel Zeit und Energie investiert. Die Stunde ist nach modernsten mathematikdidaktischen Prinzipien konzipiert: Problemorientiert, kognitiv aktivierend, differenzierend, schülerorientiert, usw. Zentrale Aufgabe der Schülerinnen und Schüler in der geplanten Stunde ist es, den Flächeninhalt eines Gleisteils einer Holzeisenbahn zu bestimmen. Es sind dabei mehrere Lösungswege denkbar und ich freue mich schon darauf zu erleben, wie die 9er begeistert ausprobieren, vergleichen, diskutieren, verwerfen, …

Ich gehe an den Tisch von Anika. „Na, wie läuft’s?“ frage ich. Sie und Laura haben noch kein konkretes Ergebnis und wirken etwas ratlos. Ich will ihnen helfen und sage: „Versucht doch einmal, das Gleisstück durch eine geometrische Figur anzunähern, deren Flächeninhalt man mit einer Formel berechnen kann, wie z.B. ein Rechteck oder ein Parallelogramm. Oder ihr schaut mal im Internet nach, vielleicht gibt es da ja eine Formel für den Flächeninhalt eines Gleisteils.“

Der letzte Satz ist ironisch gemeint; ich will Anika veräppeln, denn natürlich gibt es für derart unregelmäßige geometrische Flächen wie Gleisteile keine Formel. Anika schaut mich an und will schon ihr Handy für die Internetrecherche rausholen. Daraufhin sage zu ihr: „Anika, das war ein Scherz. Für so eine komische Figur wie ein Gleisteil wirst du im Internet sicher keine Formel finden. Oder Moment, vielleicht doch. Ich habe vor einigen Jahren einmal einen Aufsatz über dieses Kreisteil-Problem geschrieben. Vielleicht findest du diesen ja beim Googlen…“

Sie sieht mich bemitleidenswert an und sagt: „Haben Sie nichts Besseres zu tun?“